“Harman” bedeutet auf Kurdisch “Das, was bleibt.”
"In den Jahren 2015 und 2016 waren wir bei unserer Arbeit immer wieder mit Härtefällen konfrontiert, die uns spüren ließen, dass unsere bestehenden Hilfemöglichkeiten nicht ausreichten. Oft handelte es sich um Voll- und Halbwaisen, die nach jahrelanger IS Gefangenschaft entweder vom Sklavenmarkt freigekauft oder von der kurdischen Armee im Häuserkampf befreit wurden. Dieser Kampf dauert bis heute an."
Im Herbst 2016 beginnt Our Bridge mit dem Bau und der Inbetriebnahme einer Anlaufstelle für die Programmteilnehmer der Hilfsorganisation, einer sicheren Unterkunft für Waisen und Witwen, medizinischen Präventions- und Versorgungsprogrammen und einem Behandlungszentrum für traumatisierte- und geflüchtete Kinder. Ein Zuhause auf einem Grundstück nur wenige hundert Meter vom UN-Flüchtlingslager in Khanke entfernt. Geschützt auf einem kleinen Hügel über dem See von Mossul. Ein Haus, das bleibt. Eine Hoffnung wie ein Leuchtturm. Wir geben dem Haus den Namen “Harman”. Es ist ein Versprechen: Wir bleiben. Wir lassen Euch niemals allein.
Nach einem langen Kampf und mehreren Baustopps aufgrund stockender Finanzierung, wird am 26. August 2017 in Anwesenheit des Bürgermeisters von Dohuk das “Harman” Waisenhaus eröffnet. Am ersten Tag ziehen 24 Kinder im Alter von 4 bis 15 Jahren und fünf Witwen ein. Das Hauptgebäude verfügt bei der Eröffnung über acht Schlafräume mit insgesamt 64 Betten, ein Klassenzimmer, ein Spielzimmer, vier Badezimmer und einen großen Speisesaal mit Küche. Dazu stellen sich die ersten 12 festangestellten Mitarbeiter unter der Leitung des Waisenhausleiters und Architekten des Baus, Kheri Mohnds, vor. Das Betreuer-Team besteht aus überwiegend jungen Studenten, die selbst aus Shingal fliehen mussten.
In den darauffolgenden Wochen und Monaten arbeiten sie am Aufbau einer stabilen Hausgemeinschaft mit den Kindern und Witwen und nehmen sich auch immer wieder Zeit für jeden Einzelnen. Es gibt drei warme Mahlzeiten am Tag und am Wochenende einen Ausflug an den See. Jeden Wochentag gibt es zwei bis vier Stunden Spiel- und Sportangebote und vier Stunden Schulunterricht in Kunst, Kurdisch, Englisch und Mathematik. Für die psychologische Betreuung und die Traumabehandlung werden Meditation und Vertrauensgespräche angeboten.
Der Alltag
Im Waisenhaus werden die Kinder in einem geregelten Ablauf durch den Tag geführt. Dieser Ablauf schließt das Bildungsprogramm, das Programm zur Behandlung von Traumata und die Freizeit der Kinder mit ein.
Ohne eine gute Stärkung und ausgewogene Ernährung käme dem Bildungsprogramm die Energie abhanden. Deswegen wird ein kräftiges Frühstück und ein leckeres, reichhaltiges Mittagessen für alle Kinder im Bildungsprogramm in der großen Küche zubereitet und dann gemeinsam mit den Betreuern und Lehrern gegessen. Für die Kinder, die im Waisenhaus leben, gibt es nach dem täglichen Ende des Bildungsprogramms auch noch ein Abendessen.
Der Notwendigkeit von Hygiene und Körperpflege kann in den UN-Camps, besonders aber in den ohne Wasserversorgung betriebenen, selbstgebauten Camps nicht hinreichend nachgekommen werden. Im Waisenhaus beginnen sowohl die Kinder, die im Waisenhaus leben, als auch die Kinder, die morgens mit dem Our Bridge Schulbus aus den Camps kommen, den Tag damit, in den Badezimmern unter Aufsicht der Betreuer zu duschen, die Haare zu kämmen und die Zähne zu putzen.
Nach dem Bildungsprogramm haben die Kinder zwei bis drei Stunden Freizeit auf dem Gelände des Waisenhauses. Neben dem großen Spielplatz und der Holzwerkstatt werden dann z.B. Basketball, Fußball, Brennball und Gruppentanzen angeboten. In diesen zwei bis drei Stunden öffnet Our Bridge das Gelände auch für die Nachbarskinder aus dem Dorf. An den Wochenenden werden für die Kinder, die im Waisenhaus leben, kleine Ausflüge organisiert, wie z.B. eine Fahrradtour oder ein Picknick am See von Mossul.